Was tun, wenn die Familie zerstritten ist?

Die Hochzeit steht vor der Tür – und damit auch ein Riesenproblem, wenn die Familie zur Feier eingeladen ist, die einzelnen Mitglieder aber heillos miteinander zerstritten sind.

„Können wir die Steffi wirklich einladen? Das ist doch die Schwester meiner Mutter, und beide reden seit Jahren kein Wort mehr miteinander.“ „Meinst Du, der Achim kommt, wenn wir ihm wegen unserer Hochzeit Bescheid sagen? Das ist doch der Bruder von Deinem Vater, und die zwei hatten sich vor Jahren so heftig in der Wolle, dass die sich seitdem total aus dem Wege gehen.“

Gespräche wie diese kommen wahrscheinlich auf bei Paaren, die bald heiraten wollen – deren Familien aber (zum Teil) hoffnungslos im Clinch liegen. Paare in solchen Situationen sitzen zwischen den Stühlen: Einerseits hätten sie gern alle Familienmitglieder an ihrem großen Tag dabei, andererseits wissen sie, dass der eine dem anderen nicht gerade grün ist.

Was können Paare in solch einer Situation tun? Brigitte Hauner-Münch, ehemalige Leiterin der Ehe-, Familien- und Lebensberatung des Evangelischen Beratungszentrums München e.V., und Willi Frings, Psychologe und Paarberater im Evangelischen Beratungszentrum München, geben im Folgenden Hinweise, wie man gängigen Sorgen am besten begegnen kann.

Was können Paare im Vorfeld tun, um die Situation zu entschärfen?
Hauner-Münch: Offen sprechen. "Tut es uns zuliebe – es ist unser Tag": Mit diesen oder ähnlich offenen Worten sollten Paare, die zwischen die Stühle geraten sind, das Gespräch mit ihren zerstrittenen Familien suchen. Das offene Gespräch sollte mit reichlich zeitlichem Vorlauf geführt werden, dann haben die Angesprochenen genügend Zeit, sich zu beruhigen, in sich zu gehen und Kraft zu schöpfen, den Groll eine Zeitlang zu begraben – und wenn es nur für die Dauer einer Hochzeit ist: Dem Paar, das sich trauen lässt, bedeutet das sehr viel.

Wie kann eine kluge Sitz-/Tischordnung aussehen?
Frings: Familienmitglieder, die arg verstritten sind, müssen bei der Feier nicht unbedingt an einem Tisch oder beim Traugottesdienst in der Kirche nebeneinander sitzen. Bei einer kniffligen Stimmungslage innerhalb der Familie (oder zwischen der jeweils eigenen und der jeweiligen Fremdfamilie) empfiehlt es sich generell, die Tischordnung mit strategisch klugem Blick ins Auge zu fassen: Wer tut wem wie nah gut? Könnte ein Familienmitglied bei zwei Parteien, die besonders heftig miteinander im Krieg liegen, vielleicht als Mediator fungieren? Wäre es daher lohnend, ihn geschickt zwischen die verhärteten Fronten zu platzieren? Bei der Sitzordnung gilt es, Einfühlungsvermögen, Gespür für Stimmungen und Menschen zu entfalten – dann ist die Wahrscheinlichkeit für Ruhe und Frieden am Tisch deutlich höher.

Wie kann man die Atmosphäre noch entkrampfen?
Frings: Gerade bei zerstrittenen Familien kann ein gutes Programm deshalb eine gute Ablenkung sein und dazu beitragen, dass gar nicht erst viel Gelegenheit zum Reden und damit zum Streiten aufkommt. Außerdem würzen z.B. Spiele die Hochzeit nicht nur mit Witz, sondern überbrücken auch den Hunger bis zur Buffet-Eröffnung, was weiteres Konfliktpotential dämpft – nicht nur bei Menschen, die sowieso schon Krach miteinander haben.

Was müssen Paare beachten, wenn die zerstrittenen Familienmitglieder Kinder mitbringen?
Hauner-Münch: Generell ist es klug, auf einer Hochzeitsfeier eine eigene Ecke einzurichten, in der die anwesenden Kinder sich beschäftigen und in Ruhe spielen können. Vielleicht kann man sogar einen Clown engagieren, der die Kinder die ganze Zeit bei Laune hält und somit die Eltern dauerhaft entlastet. Familienmitglieder mit Nachwuchs, die sowieso schon mit einem Klumpen im Magen zur Feier kommen, da ihnen der eine oder andere nicht so behagt, werden auf Angebote wie dieses dankbar zurückgreifen – so haben sie mal ein bisschen Zeit für sich und zum Entspannen.

Gibt es Alternativen, falls alle Stricke reißen?
Frings: Wenn die Familie so im Clinch ist, dass wirklich gar nichts mehr geht, sollten Paare mal darüber nachdenken, ob es wirklich eine große Hochzeit mit allen Verwandten sein muss – oder ob sie sich nicht vorstellen könnten, alternativ auch eine kleine Hochzeit zu feiern und notfalls lieber ohne allzu zerstrittene Familienmitglieder oder ganz ohne die Familie zu heiraten.

Hauner-Münch: … für Streit ist ein Tag wie die eigene Hochzeit nämlich einfach zu schade – dann notfalls lieber ohne die zerstrittene Familie heiraten.

Dabei kann es ganz schön krachen...

Das größte Streitpotenzial während der Hochzeitsplanung gibt es bei diesen Themen:
1. Eltern oder Schwiegereltern, die sich in die Organisation einmischen
2. das Budget für die Hochzeit
3. die Gästeliste
4. mangelndes Engagement des Partners/der Partnerin bei der Vorbereitung
5. die Größe der Hochzeit
6. der Sitzplan

Quelle: Parship Studie

04.05.2022

ELKB